Im trautenauer Sammellager war ich das einzige Kind
Konrad Micksch wurde am 16. Dezember 1938 in Reichenberg (Liberec) geboren, wuchs aber nach dem Tod seiner Mutter bei seiner Tante und seinem Großvater in Marschendorf (Horní Maršov) auf. Sein Vater Franz reiste um die Welt als Geschäftsreisender, der Großvater hatte in Marschendorf ein Gasthaus, wo sich Tschechen und Deutsche trafen. Der Großvater war zugleich Mitglied des Gemeinderats für die deutschen Einwohner. Ab Mai 1945 erlebte Konrad einige unangenehme Ereignisse, einschließlich eines Vorfalls mit sowjetischen Soldaten in Großvaters Gasthaus. Im Juli 1945 wurde in dem Gasthaus zunächst eine tschechische Verwalterin eingestellt, im August erlebten sie dann am eigenen Leibe die Aussiedlung. Sie wurden in das ehemalige Konzentrationslager in Oberaltstadt bei Trautenau (Horní Staré Město u Trutnova) versetzt. Konrad war das einzige Kind, das jünger als fünfzehn Jahre alt war, das dort interniert worden war. Aus dem Lager wählte man Leute aus, die arbeiten sollten. Auch seine Tante wurde eines Tages ausgewählt und so gelangte Konrad zusammen mit ihr zur Arbeit an einem Bauernhof in Marschenau II (Maršov II). Nach einiger Zeit konnte es der Großvater einrichten, dass Konrad zu seinem Onkel nach Bergfreiheit (Svoboda nad Úpou) gebracht wurde. Der Onkel hatte dort eine Bäckerei und kümmerte sich bereits um Konrads Bruder. In Bergfreiheit ging Konrad auch zur tschechischen Schule, wo er aber kaum verstehen konnte. Letztendlich wurde auch die Familie des Bäckers in eine ehemalige Textilfabrik in Jungbuch (Mladé Buky) ausgesiedelt. Dort traf er wieder seinen Großvater und die Tante. Nach ein paar Wochen wurde die Familie von dort aus in die sowjetische Besatzungszone Deutschlands, in die Nähe von Gera ausgesiedelt. Dort setzte Konrad seine Schulbildung fort und sah im Jahr 1946 seinen Vater, der für die Wehrmacht gekämpft hatte, nach fünf langen Jahren wieder. Nach dem Abitur stieg er in die Nationale Volksarmee der DDR ein und machte ein Fernstudium zum Elektroingenieur, später studierte er auch Betriebswirtschaft an der Technischen Universität in Dresden. Er stieg in die Partei SED ein und war ab dem Jahr 1961 in der Firma Elektroprojekt eingestellt und führte Projekte für Kraftwerke und andere Anlagen auch im Ausland, durch. Seit 2013 kehrt er oft und gerne in die Tschechische Republik zurück.