Wir alle mussten mit ansehen, wie man auf dem Marktplatz in Graber die ehemaligen Nazis misshandelt
Ewald Pechwitz kam am 25. Dezember 1938 in Graber im Kreis Böhmisch Leipa (Kravaře, Česká Lípa) in der Familie vom Maschinenschlosser Ernst Pechwitz und seiner Gattin Hilde, die bis zur Hochzeit auf dem Familienhof gearbeitet hatte, zur Welt. Er wuchs in einer damals ausschließlich deutschsprachigen Gegend auf. Als sich 1938 die Tschechen mobilisierten, versteckten sich der Vater und die Nachbarn in der Mühle, um im November 1938 zur Wehrmacht zu gehen. Der Vater war in der Aufklärungsabteilung und wurde u.a. in Frankreich, der Ukraine, Rumänien und Russland eingesetzt. Am Ende des Krieges fiel er in amerikanische Gefangenschaft. Nach der Freilassung wusste er nichts über den Verbleib der Familie und zog der Arbeit hinterher. Nach Kriegsende kam es in Graber auf dem Platz mindestens einmal öffentlich zur Lynchjustiz ehemaliger Mitglieder und Funktionäre der NSDAP, der die ganze Stadt, einschließlich des kleinen Ewalds, beiwohnen musste. Familie Pechwitz geriet danach in die erste Welle der sog. wilden Vertreibung. Sie mussten praktisch über Nacht packen und nur mit Handgepäck unter Aufsicht von tschechoslowakischen Soldaten in Lager in Sachsen marschieren. Nach der Bombardierung von Dresden waren die Lager überfüllt, unterversorgt mit Essen und nur mit Strohlagern zum Schlafen. Am Ende wurde die Familie in der Nähe von Weimar angesiedelt. Im März 1946 fand der Vater sie, der die Familie nach Bayern mitnahm, wo Ewald Pechwitz studierte, sich eine eigene Autowerkstatt einrichtete, heiratete und eine Tochter bekam. Seinen Geburtsort Graber besuchte er schon im Kommunismus. Bis heute kehrt er regelmäßig zurück und lernt Tschechisch. Es freut ihn, dass sich die gegenwärtigen Eigentümer gut um sein Geburtshaus kümmern, und er ist mit ihnen in freundschaftlichem Kontakt.