Ich habe in der Schule gefragt, warum zwischen unseren beiden sozialistischen Ländern der Stacheldrahtzaun sein muss. Ich soll heute noch eine Antwort auf die Frage kriegen.
Monika Simchen wurde knapp vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs im sächsischen Ebersbach geboren und wuchs buchstäblich nur wenige Meter von der tschechischen Grenze entfernt und in Sichtweite von Jiříkov auf. Aus dieser Stadt waren sowohl ihre Eltern als auch ihre Großeltern nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben worden. Als Kind sah Monika über die Grenze hinweg, wie die neuen Siedler von Jiříkov das Haus ihrer Mutter abrissen. Monikas Kindheit war geprägt von dem undurchdringlichen Stacheldrahtzaun, der bis 1963 die damalige Tschechoslowakische Sozialistische Republik von der Deutschen Demokratischen Republik trennte. Monika besuchte die Heimat ihrer Eltern zum ersten Mal 1966, und seither hält sie den Kontakt zu den letzten lebenden Deutschen in Jiříkov aufrecht und sang auch im Chor der örtlichen Kirche. 1968 rollten Panzer der „brüderlichen“ Besatzungsarmee über die Grenze nach Liberec und Prag, und nach 1989 fand Frau Simchen Partner in der Privatwirtschaft im tschechischen Grenzgebiet. Heute nimmt Monika Simchen die Grenze zwischen Jiříkov und Ebersbach kaum noch wahr, aber sie kann immer noch mit absoluter Genauigkeit beschreiben, wo der Stacheldraht früher verlief.