Aus dem Sudetenland vertrieben, in Deutschland nicht willkommen
Günther Klemm wurde am 5. November 1939 in Teplitz-Schönau (Teplice Šanov) geboren. Den Vater Hans, einen gelernten Fassbinder, sah er zuletzt im Alter von zwei Jahren, als er zur Wehrmacht einrückte. Der letzte Brief, den die Familie von ihm bekam, kam aus Stalingrad. Günther Klemm lebte als einziges Kind mit seiner Mutter, Gerta Klemm in dem Dorf Klein Augezd (damals Malý Újezd, heute Újezdeček) bei Teplitz, er verbrachte aber auch viel Zeit bei seinen Großeltern in der Böhmischen Schweiz, in Rennersdorf (Rynartice). Die Mutter arbeitete bei tschechischen Freunden in der Landwirtschaft. Aus der Kindheit kann er sich sowohl an die freundschaftliche Atmosphäre des deutsch-tschechischen Zusammenlebens erinnen, als auch an den Fakt, dass er in der Schule nach dem Krieg als einziges deutsches Kind (die restlichen Familien sind bereits weggefahren oder wurden vertrieben) durch den tschechischen Lehrer und Priester schikaniert wurde. Am 20. Juli 1946 wurde die Familie Klemm ausgesiedelt. Die neunköpfige Familie Klemm wurde bei Bauern in der Region Altmark bei Magdeburg untergebracht. Dort lebten sie unter armen Verhältnissen drei Jahre lang, bis Günther und seine Mutter über das Rote Kreuz von seiner Tante gefunden wurden und sie die beiden zu sich in das kleine Dorf Börde einlud. Die Mutter begann in der Landwirtschaft zu arbeiten, Günther ging zur Schule, zu Beginn mussten sie in einer ungenutzten Räucherkammer wohnen. Später bekamen sie, auch dank seines Lehrers einen besseren Wohnplatz und damit verbesserte sich auch ihre Gesamtsituation. Günther Klemm studierte Maschinenschlosserei und baute später Flugzeuge. Mit seiner Familie ließ er sich in Dresden nieder. Er war Mitglied der kommunistischen Partei SED, arbeitete zunächst bei der Armee und später als Personalchef und Direktor einer Textilfabrik. In seine Geburtsstadt kehrt er regelmäßig zurück und nahm an der Wanderung in Rennersdorf teil. Er schrieb ein Buch über die Erinnerungen an die Vertreibung: „Die Suche nach der heilen Welt“, mit dem Untertitel „Aus dem Sudetenland vertrieben, in Deutschland nicht willkommen“. Er wünscht sich, dass niemand jemals das erleben muss, was er und seine Familie erfahren mussten.