Frank Richter

* 1949

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  • "Die Staatssicherheit hat das gemerkt, dass diese Kontakte auch für Schmuggelgeschäfte ausgenutzt wurden, und sie haben dann auch bei uns versucht, Leute als Spione mit reinzubringen. Ich weiss bloss von einem. Bei der Staatssicherheit wurden meistens solche Kontaknamen vergeben. Ich weiss bloss von einem, den sie angeworben hatten und der auch für sie aktiv war. Der hiess, das haben wir nach der Wende herausgekriegt, IM Berg." "Was haben sie von ihm gewollt?" Er musste Berichte schreiben, was bei den Bergsteigern alles vor sich geht. Über diese Grenzkontakte, und wo möglich über politische Aktivitäten, illegalen Besitz von Waffen usw. Das musste er ordentlich aufschreiben und sie haben es dann ausgewertet. Ich kenne ihn ja. In die Gaststatte abends, wo wir gemütlich sassen, kam er immer in etwas vorgerückter Stunde an. Nach zehn Uhr. Wo die Heimschwelle durch das Bier schon ein Bisschen gesunken war und die Zunge lockerer war. Wo man Sachen erzählt hat, die man sonst nicht erzählt hätte."

  • "Zu der Zeit, wo ich diese Kontakte über die Grenze hatte, und schwarz über die Grenze ging, war das (der Stachelzaun) schon abgebaut. Diese Grenzstation in Lückendorf war abgebaut, und es war eigentlich relativ einfach. Wenn man ein Bisschen mit der Sprache zurecht kam, im Falle, dass man jemanen begegnete, dass man ein Wort sagen konnte, dass auch gepasst hat, dann ging es eigentlich wunderbar. Mit schwarzen Grenzübertritten sind wir dann mit tschechischen Kletterfreunden bis nach Prachov in die Felsen gefahren und haben dort am Wochenende geklettert. Und sind dann mit ein Bisschen Angst, Schweiss auf der Stirn, wieder zurrück. Es war kein Problem." "Schwarz über die Grenze. Wie konnte man das machen?" "Man ging mit etwas Herzklopfen an die Grenze runter, die war ja markiert durch Grenzsteine, hat sich natürlich ein Bisschen eingeschlichen, fast im Indianerstil und hat geguckt. Keiner zu sehen? Husch, im Eiltempo über die Grenzlinie und über den angrenzenden Weg rüber weg und dann war man drüben. Wir waren dann meistens auch verabredet, da war jemand mit dem Auto oder Motorrad und dann waren wir ganz schnell aus dem Wald verschwunden. 0:19:07

  • "1968. Da war ich gerade wieder zum Klettern im Böhmischen Sandstein, Český ráj, in Sedmihorky. Wir waren klettern und stellten auf einmal fest, dass da die Tiefjäger über die Felsen kamen, gesaust. Ein Flugbetrieb. Da war irgendwas los! Und wenn wir am Sonntag zurückwollten, sind wir an die Tankstelle gekommen. Und da wurde uns gesagt, dass wir nur soviel Benzin kriegen, dass wir an die Grenze kommen. Die Russen sind ja einmarschiert, es war Mangen und wir sollten schauen, dass wir zurechtkommen. Und dann sind wir natürlich nach Hrádek gefahren, zu unseren böhmischen Kletterfreunden. ´Was ist den hier los?´ ´Na ja, die Russen sind mit Panzer gekommen, der Prager Frühling ist vorbei und es wird jetzt wahrscheinlich mit der Grenze wieder schwieriger werden. Seht zu, dass ihr nach Hause kommt. Wie sich das hier jetzt entwickelt, kann man nicht sagen. Und wo wir dann zu Hause waren, haben uns die Oybiner erzählt, die ganze Nacht sind die Panzer hier nach Luckendorf auf der Strecke hochgefahren, einer hinter dem anderen und sind dann alle über Petrovice nach Tschechien rein. Und Oybin wurde als Sperrgebiet ausgewiesen, alle Fremde und Urlauben mussten nach Hause fahren. Mein Schwager hatte aus Westdeutschland einen Onkel da, der musste sofort nach Hause fahren. In Niederoybin haben sie einen provisorischen Schlagbaum eingerichtet und dort wurde dann jeder kontrolliert, der rein oder raus wollte. Ausweiskontrolle, usw. Es war ein Sperrgebiet. Und wir waren eigentlich ziemlich traurig, denn wir waren ja oft in Tschechien, habe die Entwicklungen verfolgt. Und waren der Meinung, hier tut sich was, die sind auf dem richtigen Weg."

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    Zittau, 14.02.2024

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    délka: 01:07:13
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In meiner Kindheit gab es an der tschechisch-deutschen Grenze Stacheldraht, heute gibt es nur noch alte Grenzsteine

Frank Richter als Bergsteiger, Böhmisch-Sächsische Schweiz, 1960er Jahre
Frank Richter als Bergsteiger, Böhmisch-Sächsische Schweiz, 1960er Jahre
zdroj: Pamětník

Frank Richter wurde 1949 in der Nähe der kleinen Stadt Oybin an der historischen Grenze zwischen der Lausitz und Böhmen geboren. Kurz darauf wurde auf dem Gebiet der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone Deutschlands die sogenannte DDR, die Deutsche Demokratische Republik, gegründet. Obwohl sie sich zum Bruderstaat der sozialistischen Tschechoslowakei erklärte, waren die beiden Länder durch eine undurchdringliche Grenze und Stacheldraht getrennt. Dies war der Fall, bis in Berlin die Mauer gebaut wurde, die die Flucht von Ost nach West durch den Eisernen Vorhang erheblich erschwerte. Oybin war vom tschechischen Grenzgebiet abgeschottet, was Franks Kindheit ebenso prägte wie die Armut im Nachkriegsdeutschland und die vielen Vertriebenen aus der Tschechoslowakei und Polen, die in Oybin und Umgebung Zuflucht fanden. In den 1960er Jahren lernte Frank Richter, ein junger erfolgreicher Bergsteiger, eine Gruppe tschechischer Enthusiasten kennen, die ebenfalls Berge auf beiden Seiten der tschechoslowakischen Schweiz bestiegen. Er überquerte die Grenze häufig, entweder über einen kleinen Grenzkontakt oder illegal über die so genannte grüne Grenze. Zu diesen Abenteuern gehörte auch die gegenseitige Hilfe zwischen tschechischen und deutschen Sportlern, die es erforderte, dieses oder jenes knappe Gut über die Grenze zu schmuggeln. 1989 nahm Frank Richter an den pro-demokratischen Demonstrationen in Zittau teil und war auch nach der Wende in der Kommunalpolitik tätig. Einer der Höhepunkte seines Lebens war der Beitritt der Tschechischen Republik zum Schengen-Raum im Jahr 2007, was den vollständigen Wegfall der Grenze zwischen Oybin und den gegenüberliegenden tschechischen Dörfern bedeutete.