Das Zusammenleben mit den Tschechen war gut, es konnte so bleiben wie vor 1938
Ernst Weber wurde am 8. Juni 1930 in Johannesberg an der Neiße (Janov nad Nisou) nah bei Gablonz (Jablonec) als Sohn des Glasformherstellers Ernst und seiner Frau Emma, geborene Streit, geboren. Seit der Kindheit bereitete er sich auf die Übernahme des Familienbetriebs vor. Sein Geburtsort war überwiegend von Deutschen bewohnt, mehr Tschechen lebten im benachbarten Gablonz, wohin er zum Lernen ging. Das Zusammenleben mit ihnen war nach Herrn Weber gut, alles hätte so bleiben sollen wie vor 1938. In der Tschechoslowakei ging Ernst in eine deutsche Schule, in der es auch eine tschechische Klasse gab, doch die tschechischen und die deutschen Kinder kamen nur minimal in Berührung. Der Vater Ernst wurde 1941 arbeitsmäßig in Deutschland in der Fabrik Junkers eingesetzt, wo er sich mit Bleibenzin vergiftete und 1944 aus der Fabrik entlassen wurde. An den Folgen der Vergiftung litt er sein ganzes Leben. Die Rote Armee kam am 11. oder 12. Mail durch Johannesberg und in die Familienwerkstatt der Webers wurde schon im Juni 1945 ein tschechischer Verwalter berufen. Das Haus trug dann die Bezeichnung „unter Nationaler Verwaltung“. Die Großeltern von Ernst Weber wurden als „Antifaschisten“ anerkannt. Die mütterlicherseits wurden ganz von der Vertreibung verschont, die väterlicherseits wurden in die sowjetische Zone auf privilegierte Weise abgeschoben, also mit Mobiliar und einem beträchtlichen Teil des Eigentums. Die Webers, einschließlich eines kleinen 1945 geborenen Sohnes, wurden erst relativ spät im August 1946 in die Vertreibung eingereiht. Nach Aufenthalten in den Lagern Reinowitz (Rýnovice) und Reichenau (Rychnov) erwartete die Familie eine anderthalb Wochen lange Reise mit dem Güterzug, in dem sie Zittau, Dresden und Berlin durchfuhren, bis sie ins Internierungslager in Grimmen kamen. Nach einem kurzen Aufenthalt im ostdeutschen Ballenstedt gelang es den Webers eine Genehmigung zur Umsiedlung nach Bayern zu erhalten. 1952 verlagerten sie ihr neu gegründetes Unternehmen zur Herstellung von Glasformen nach Weidenberg. Dort lebt Herr Weber bis heute – er gründete eine Familie und übernahm den väterlichen Betrieb, um ihn später seinem Sohn zu übergeben.